Gestern Fremder, heute medboianer
Über die medbo Pflegevorschule zur examinierten Pflegefachkraft am Bezirksklinikum Regensburg: Mustafa K. im Interview
Die medbo Pflegevorschule führt seit 2016 vor allem Menschen mit Migrationshintergrund an den Pflegeberuf heran. Der Kurde Mustafa K. ist einer der ersten Absolventen der Regensburger Schule und ist heute als examinierter Gesundheits- und Krankenpfleger am Bezirksklinikum Regensburg tätig. Medbo-Mitarbeiterin Kerstin Erbrich durfte K.s Weg in der medbo ab dem ersten Tag begleiten, im Interview mit ihr berichtet er von seinem beruflichen Weg.
Herr K., Sie sind Pionier der medbo Pflegevorschule, einer der ersten Absolventen. Wie sind Sie eigentlich zur medbo gekommen?
Mustafa K.: Ich war damals gerade in einem Praktikum in einem Pflegeheim. Aber ich habe schnell gemerkt, dass Altenpflege nichts für mich ist. Da fehlt mir die Action. Eine Freundin – ich nenne sie auch „meine deutsche Mama“ - hat mir dann erzählt, dass sie im Internet auf die Pflegevorschule der medbo gestoßen sei und mich gefragt, ob das nichts für mich wäre. Ich habe mich dann um ein Pflegepraktikum bei der medbo beworben. Erst mal reinschnuppern, habe ich mir gedacht. Es hat mich total gefreut, als ich tatsächlich genommen wurde. Es war die richtige Entscheidung: Das Pflegepraktikum war super!
Was war an dem Pflegepraktikum bei der medbo anders?
Mustafa K.: Es hat schon damit angefangen, dass ich von Ihnen abgeholt wurde. Sie waren quasi die erste medboianerin, mit der ich Kontakt hatte. Ich glaube auch, dass ich mich damals nur auf Englisch unterhalten konnte. Sie haben mich dann zur Station begleitet.
Ich habe mich von Anfang an wohlgefühlt, der Teamzusammenhalt und das Zusammenarbeiten im interdisziplinären Team mit den unterschiedlichen Berufsgruppen sind einfach klasse. Mich haben die Medizin und der Umgang mit Medikamenten schon immer fasziniert. Ich konnte mir vorher den Pflegeberuf nicht wirklich für mich vorstellen. Das Praktikum bei der medbo hat das verändert. Ich habe so viele schöne Momente erlebt, das hat mich dann überzeugt, diesen Weg einzuschlagen. Gleich im Anschluss an das Praktikum habe ich mich für einen Platz in der Pflegevorschule beworben.
Was hat Sie überzeugt, den Weg in die Pflege zu gehen?
Mustafa K.: Die Teamarbeit unter den Kollegen und auch der professionelle und freundliche Umgang mit den Patienten, das hat mich echt überzeugt. Gut war auch, dass das Arbeitsamt die Pflegevorschule mitfinanziert.
Alles in allem muss ich sagen: Es war zwar nicht der kürzeste Weg - aber es hat sich gelohnt!
Können Sie mir erklären, was die Pflegevorschule genau ist.
Mustafa K.: Die Pflegevorschule ist eine Mischung aus theoretischen Unterricht und Praxisphasen. Sie besteht aus drei Maßnahmen. Eine Maßnahme ist der Deutsch-Sprachkurs für das B2-Zertifikat. Die anderen zwei haben den Fokus auf der Pflege, den Kontakt mit Patienten und das Leben in Deutschland.
Wie haben Sie die Pflegevorschule selbst erlebt?
Mustafa K.: Der Deutschunterricht war für mich anfangs sehr schwierig, da wir alle auf einem unterschiedlichen Sprachniveau waren. Unsere Lehrerin musste bei den Basics wie „der, die, das“ anfangen. Du hast immer wieder Blockunterrichtwochen, in denen das theoretische Wissen vertieft wird. Und dann wieder Praxisphasen, wo du im Praktikum bist. Wir hatten tolle Lehrer in der Pflegevorschule. Die Lernmaterialien wurden auf uns sehr gut zugeschnitten. Die haben sich sehr viel Zeit für uns genommen.
Und in der Praxis?
Mustafa K.: In meinem ersten Praktikum war ich auf einer Station und meine Anleiterin hat nur Bayrisch gesprochen. Ich habe kein Wort verstanden und immer nur „Ja“ gesagt (lacht). Aber mit viel Geduld auf beiden Seiten wurde es mit der Zeit viel besser. Ich bin ein sehr kommunikativer Mensch! Ich habe viele TV-Sendungen auf Deutsch angeschaut und viel auf Deutsch gelesen. Dadurch wurde mein Deutsch viel besser.
Wie ging es nach der Pflegevorschule weiter?
Mustafa K.: Ich habe mich gleich für die dreijährige Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger beworben und nicht erst die einjährige Pflegehelfer-Ausbildung dazwischengeschoben. Ich war der Einzige in unserem Kurs, der diesen Sprung geschafft hat. Anfangs waren sich die Lehrer nicht sicher, ob ich die dreijährige Ausbildung sprachlich schaffe. Aber ich war froh, dass die medbo mir diese Chance gegeben hat. Die Probezeit war trotzdem eine große Herausforderung für mich. Ich habe einen kleinen Sohn und bin jeden Abend zeitgleich mit ihm zu Bett gegangen, damit ich morgens um vier oder fünf Uhr aufstehe und noch eine Extrarunde lernen kann. Das war hart, aber ich habe es geschafft.
Was waren schöne Momente in Ihrer Ausbildung?
Mustafa K.: Ich war teilweise echt total kaputt und müde. Aber mein Klassenleiter hat mich immer wieder motiviert, mir zugehört und mir geholfen, dass ich den Weg weitergehen kann. Ohne ihn hätte ich es vermutlich nicht geschafft. Es gibt richtig tolle Lehrer an der Schule. Viele haben unglaublich viel praktische Erfahrung, von der ich sehr profitieren konnte.
Was für mich auch sehr schön war, dass uns Schülern viel ermöglicht wurde. Ich konnte beispielsweise für zwei Wochen einen Auslandseinsatz machen. Das war sehr spannend für mich!
Stichwort Ausland: Wo haben Sie Ihr internationales Praktikum denn gemacht?
Mustafa K.: Ich war in Pilsen, also in der Tschechischen Republik. Es war sehr spannend zu sehen, wie die Arbeitsabläufe dort sind. Aber mir ist sofort aufgefallen, dass dort eine ganz klare Hierarchie herrscht. Da wurde mir bewusst, dass das bei der medbo ganz anders ist. Dort arbeiten Ärzte, Therapeuten und Pflege Hand in Hand. Wertschätzung, Achtsamkeit, auf Augenhöhe sein – das sind bei uns daheim in Regensburg nicht bloß Worte.
Was fasziniert Sie mehr: die Psychiatrie oder die Neurologie?
Mustafa K.: Eine klare Antwort: Beides! Ich habe großen Respekt vor beiden Fachbereichen. Deshalb habe ich mich auch für die Zentrale Notaufnahme interessiert, die für beide Fachbereiche arbeitet. Ich bin froh, dass ich hier eine Stelle als examinierter Gesundheits- und Krankenpfleger bekommen habe.
Ich glaube, dass ich hier einen guten Platz hab‘ und ich mich gut einbringen kann. Ich bin mehrsprachig und es kommen ja auch immer wieder Patienten in die Notaufnahmen, die kein Deutsch können.
Welche Sprachen sprechen Sie?
Mustafa K.: Ich spreche Kurdisch, Arabisch, Englisch, Türkisch und jetzt auch Deutsch. Türkisch lernen ging übrigens viel schneller als Deutsch.
Wem würden Sie die Pflegevorschule empfehlen?
Mustafa K.: Wenn sich jemand für die Pflege interessiert und sein Deutsch noch nicht so fit ist, dann würde ich die Pflegevorschule empfehlen. Man lernt viele praktische Tätigkeiten kennen, die wichtig sind in der späteren Pflegeausbildung. Und vor allem hat man Theorieunterricht. Den brauchen wir, um die Sprache üben zu können.
Was schätzen Sie an der medbo?
Mustafa K.: Unsere Klinik ist kein Haus, das stillsteht. Die medbo entwickelt sich immer weiter und wird größer. Und sie gibt auch ihren Mitarbeitern die Möglichkeit, sich immer weiter zu entwickeln. Man kann viele Fortbildungen machen, sowohl extern als auch im hauseigenen Institut für Bildung und Personalentwicklung.
Ich fühle mich sehr wohl bei der medbo. Ich bin jetzt seit vier Jahren Mitarbeiter und ich fühle mich mittlerweile als medboianer. Auf dem Gelände fühlt es sich teilweise so an, als würde jeder jeden kennen. Und ich weiß, an welcher Tür ich klopfen muss, wenn ich etwas brauche.
Genauso schätze ich das inoffizielle medbo Motto: „Leben und leben lassen.“ Jeder ist gleich, gefühlt kennt jeder jeden.
Was sind Ihre Zukunftspläne bei der medbo?
Mustafa K.: Ich bin mir noch nicht so sicher. Ich möchte auf jeden Fall jetzt erstmal arbeiten und praktische Erfahrungen sammeln. Wenn es möglich ist, würde ich auch gerne die Weiterbildung zum Notfallpfleger machen.
Langfristig könnte ich mir auch gut vorstellen, die medbo bei interkulturellen Fortbildungen zu unterstützen. Ich mache das gerne. Ich mag Sprachen und bin viel herumgekommen. Vielleicht kann ich mich da langfristig mit einbringen.
Das Interview führte Kerstin Erbrich, medbo.