Bezirk Oberpfalz macht Sozialbereich zukunftssicher
Neubauten, konzeptionelle Anpassungen und Wohnen in Gastfamilien in herausfordernden Zeiten waren die Top-Themen des Sozial- und Teilhabeausschusses.
Cham, 02. Dezember 2024 - Am Donnerstag hat der Sozial- und Teilhabeausschusses des Bezirkstags der Oberpfalz in der Bildungsstätte St. Gunther getagt und trotz herausfordernder Zeiten wichtige Vorhaben auf den Weg gebracht. „Es soll kein Mensch auf der Strecke bleiben. Aber das Wie der Hilfeleistung müssen wir diskutieren. Lieber vor der Lage als dahinter. So können wir noch mitgestalten“, betonte Bezirkstagspräsident Franz Löffler.
Seit 1976 lernen in der Einrichtung der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e.V. in Cham Kinder und Jugendliche mit einem besonderen Förderbedarf, ihr Leben so gut als möglich selbstbestimmt und selbstständig zu bewältigen. Neben der Förderschule sind hier auch die Frühförderung und eine Tagesstätte angesiedelt. 2025 wird die Schule laut KJF-Direktor Michael Eibl am Projekt „Schulbegleitung im Poolmodell“ teilnehmen. Das Modell sei ein gutes Beispiel für effizientere Strukturen, so Löffler.
Eine therapeutische Wohngemeinschaft für Regensburg
Das Soziale Netzwerk Ostbayern GbR (SoNet) bietet verschiedene soziale Dienstleistungen und Unterstützungsangebote für Menschen in besonderen sozialen Lebenslagen – vor allem im Rahmen der Jugendhilfe. Derzeit unterstützt SoNet rund 350 Familien in den Bezirken Niederbayern und Oberpfalz. In Regensburg, Amberg und Straubing hält der Träger außerdem Plätze im ambulant unterstützten Wohnen für Menschen mit psychischen Erkrankungen im Rahmen der Eingliederungshilfe vor. Er betreibt daneben eine therapeutische Wohngemeinschaft für psychisch erkrankte Menschen in Plattling.
Eine solche therapeutische Wohngemeinschaft ist jetzt ebenfalls in Regensburg geplant. Der Bau kann bald beginnen, denn die Mitglieder des Sozial- und Teilhabeausschusses stimmen der Errichtung zu. Insgesamt sollen hier sechs Personen Platz finden, die in eigenen Zimmern leben. Küche, Wohnzimmer und Sanitärbereich werden gemeinschaftlich genutzt. Das Angebot ist konzeptionell auf drei Jahre beschränkt, um die jungen Menschen möglichst auf eine eigenständige Wohnform vorzubereiten.
Neue T-ENE Plätze in Schwandorf beschlossen
Die Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Schwandorf e. V. ist langjähriger Partner des Bezirks Oberpfalz und setzt im Raum Schwandorf die Eingliederungshilfe erfolgreich um. Inzwischen besteht ein erhöhter Bedarf an Plätzen für Menschen mit Behinderung und Tagesstruktureinrichtungen für erwachsene Menschen mit Behinderung nach dem Erwerbsleben (T-ENE). Daher wird dem Ersatzneubau Wohnen mit 24 Plätzen, sowie dem konzeptionellen Umbau und der Sanierung des Bestandsgebäudes zur Nutzung als T-ENE mit 24 Plätzen, sowie Wohnen mit 12 Plätzen in der Ohmstraße in Schwandorf durch die Lebenshilfe Schwandorf e.V. unter dem Vorbehalt einer gleichzeitigen staatlichen Investitionskostenförderung zugestimmt.
Der Lebenshilfe Schwandorf e.V. wird zu den Investitionskosten ein Zuschuss in Höhe von 10 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten in Aussicht gestellt.
Regionale Versorgung wird weiter ausgebaut
Ebenfalls mehr Platz benötigen die HPZ-Wohnstätten GmbH Irchenrieth – genauer gesagt zwei zusätzliche Plätze in den Gruppenhäusern VII und VIII. „Da der Bedarf an Wohnplätzen für Menschen mit geistiger Behinderung und herausforderndem Verhalten von unterschiedlichen Trägern in der Oberpfalz, sowie auch von der medbo immer wieder rückgemeldet wird, stimmen wir gerne zu“, sagte Marje Mülder, Leiterin der Sozialverwaltung des Bezirks Oberpfalz. Zudem verhindere das Angebot der regionalen Versorgung eine teurere Unterbringung in Spezialeinrichtungen in anderen Bezirken.
Zukunftsträchtiges Beispiel: Flexible Verwendung von Ressourcen
Beantragt wird außerdem eine konzeptionelle Anpassung der Besonderen Wohnform der Barmherzigen Brüder Reichenbach mit insgesamt 18 Plätzen am Standort Bernhardswald. Denn das am Standort Bernhardswald umgesetzte, speziell auf Menschen aus dem Autismus-Spektrum ausgerichtete Angebot hat sich laut Träger nur bedingt bewährt. „Die Dezentralisierung der Komplexeinrichtungen war in der Vergangenheit das zentrale Ziel. Dies soll im Grunde auch für die Zukunft gelten, aber anhand dieses Beispiels merken wir, dass das nicht immer die bessere Lösung ist, sondern, dass wir unsere Ressourcen flexibel verwenden müssen“, sagte Löffler. Daher sollen jetzt neun Plätze des Angebots „Wohnen für Menschen mit Autismus“ zurück nach Reichenbach verlagert werden. So werden in Bernhardswald neun Plätze für Menschen mit geistiger Behinderung nach dem Erwerbsleben aus Reichenbach geschaffen. Diese platzneutrale Anpassung wird einstimmig beschlossen.
Betreutes Wohnen: „Eine der vornehmsten Hilfeformen“
Bereits seit 1999 bietet die medbo „Betreutes Wohnen für psychisch kranke Menschen in Gastfamilien“ an. Derzeit leben 26 leistungsberechtigte Personen in vom medbo-Fachteam unterstützten Familien. Zielgruppe des Betreuten Wohnens in Familien der medbo sind Menschen mit einer psychischen Behinderung, die zum Aufnahmezeitpunkt ansonsten häufig in einer besonderen Wohnform leben müssten. Menschen mit Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis finden sich dabei sehr häufig unter den leistungsberechtigten Personen. Durch das gemeinsame Leben mit der Gastfamilie können die Betroffenen im Alltag und durch Unterstützung im Sinne der Laienhilfe Selbständigkeit und Beziehungsfähigkeit trainieren. Für Löffler ist das „eine der vornehmsten Hilfeformen, die ich kenne. Ich bin sehr froh, dass es Familien gibt, die das tun“. Einstimmig beschlossen wird, dass das Fachteam – das für die fachliche Begleitung und Betreuung der leistungsberechtigten Person sowie der Gastfamilie verantwortlich ist – um eine halbe Fachkraftstelle auf 3,0 Planstellen erweitert werden soll.
Weitere Beschlüsse aus den Bereichen Dolmetschereinsatz, OBA und BVS
Zur Übernahme der Kosten für Gebärdensprachdolmetschereinsätze, für die es keinen vorrangigen Kostenträger gibt, wird ab 2025 ein Fördertopf im Umfang von 8.500 Euro jährlich eingerichtet, der ab dem Zeitpunkt der Einführung des Bayerischen Gehörlosengeldes endet. Das Budget wird von der Dolmetschervermittlungsstelle in Regensburg verwaltet.
Auf Zustimmung stieß ebenfalls die überarbeitete, gemeinsame Förderrichtlinie des Freistaats Bayern und der bayerischen Bezirke für die regionale und überregionale Offene Behindertenarbeit (OBA). „Ein wichtiges niedrigschwelliges Angebot im sozialen Bereich“, so Löffler.
Der Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband Bayern e. V. (BVS), Bezirk Oberpfalz, wird im Rahmen der Förderung der freien Wohlfahrtspflege ab dem Jahr 2025 mit einem Betrag von 13.000 Euro jährlich unterstützt. „Wir merken immer wieder, auch wegen den Bewerbungen für unseren Inklusionspreis, wie wichtig inklusiver Sport ist. So funktioniert gelebte Inklusion“, sagte Mülder.