Macht Theater glücklich?
Auf Entdeckungsreise mit Laienspielberaterin Eva-Maria Eiberger
NEUMARKT. I. D. OBERPFALZ.
„Auf jeden Fall hält Theater jung und frisch!“, sagt verschmitzt ein Teilnehmer älteren Jahrgangs nach dreieinhalb Stunden intensiver Theaterarbeit im Kloster St. Josef bei Neumarkt. „Bitte Ruhe auf der Seitenbühne – die unzähligen Aufgaben eines Regisseurs“: Unter diesem Titel hatte Eva-Maria Eiberger, Laienspielberaterin des Bezirks Oberpfalz, in die Theaterküche eingeladen. 25 Praktiker von Laienbühnen aus der ganzen Oberpfalz erfanden in dreieinhalb Stunden kreativer Unruhe Bühnenräume und destillierten aus Ideen würzige Szenenabläufe. Theater als Lebensmittel und wer mit am Esstisch sitzt, hat mehr vom Leben. Eiberger beginnt die Herstellung dieses Lebensmittels mit klaren Ansagen: „Der Regisseur muss seine eigene Vision des Stücks entwickeln“, sagt sie und schnell wird klar: Das ist kein von ihr auswendig gelerntes Zitat aus dem Handbuch für Regisseure. Mit klarem Blick und raumgreifenden Händen macht die Musikwissenschaftlerin die Erfahrungen ihrer Regiearbeit bei Inszenierungen am Stadttheater Regensburg, mit dem Cantemus Chor oder an der Akademie für Darstellende Künste in Regensburg für alle Seminarbesucher zugänglich. 2018 hat sie die Stelle als Laienspielberaterin beim Bezirk Oberpfalz angenommen. „In der Oberpfalz gibt es an zahlreiche Laienspielgruppen, die vom Mundartstück bis zum modernen Theater unser Kulturleben bereichern“, sagt Bezirksheimatpfleger Dr. Tobias Appl und bekräftigt, dass die Unterstützung des Bezirks auch ein Stück Heimatförderung sei.
Im Seminar verlässt Eiberger geschickt ihre Solorolle als Leiterin und begibt sich mit allen Teilnehmern auf Entdeckungsreise. „Jetzt geht es ans Machen“, heizt sie beim Verteilen der ersten Aufgabe die Spielleidenschaft der Theatermenschen an. Tische werden zu Probebühnen umfunktioniert, Ideen schwirren im Raum, alle beteiligen sich, es wird entworfen, ausprobiert und wieder verworfen. Wo und wie wird der Baumstamm als Bühnenelement eingesetzt? Vor dem Verräter, um diesen zu schützen? Oder sogar aufrecht als eine Art Pfeil neben ihm als Waffe zur Verteidigung? Der Regisseur macht den Zuschauer mit Hilfe der Schauspieler zum Komplizen seiner Vorstellungswelt. Theaterarbeit ist auch Handwerk und Übung. Besonders schön ist es, wenn beim Entwerfen von Bühnenräumen das reale Leben hereinblitzt: Ronja Räubertochter will hinaus aus der Burg und die Welt entdecken. Ihre Mama Lovis macht darum kein großes Aufheben, während der Räuberhauptmann-Vater Mattis wie ein Helikopter seine Tochter umkreist und für jede ihrer Bewegungen Start- und Landeerlaubnis erteilt. Aber wie macht man dieses Beziehungsgeflecht im Bühnenraum für den Zuschauer sichtbar? Die Regisseure finden verschiedene Antworten und alle haben das Zeug, die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu bannen. Für Eiberger ist der Weg vom ersten Textlesen bis zur Aufführung ein kreativer Schöpfungsprozess. Ausführlich werden in der Theaterküche über die Auswahl der Stücke, Fragen zum Textlernen, die Organisation des Probenablaufs und die Notwendigkeit einer Souffleuse gesprochen. „Bei uns reicht es schon, wenn der Schauspieler die Souffleuse anschaut, dann fällt ihm schon der Text wieder ein“, sagt Hans Höcherl von der Laienbühne Schorndorf. Bei der Vorstellung der Ergebnisse in großer Runde achtet keiner eifersüchtig auf sein Kochrezept, freigiebig werden eigenes Wissen und die Erfahrungen aller miteinander geteilt. „Meine Seminare sind ein Lernprozess für alle Teilnehmer“, sagt Eiberger. „Denn trotz aller Erfahrungen: Der Blick über den Tellerrand hilft, die eigene Arbeit zu überprüfen und Anregungen aufzunehmen“, ergänzt sie mit Überzeugungskraft in der Stimme. Das bestätigt auch Winfried Steinl, seit Jahrzehnten zuerst als Lehrer im Schultheater und jetzt beim Jugendclub Amberg als Regisseur unterwegs. Und das wirklich Überraschende: Beim herzlichen Abschiednehmen wirken alle so entspannt, als hätten sie sich in einer guten Wirtschaft wohlig satt gegessen.